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Die Angel

[...] Die Welt unter Wasser bleibt den Blicken und dem Gehör des Anglers verborgen, einzig mit seinem Tastsinn vermag er über einen Mittler, die Angel, in dieses Element vorzudringen. Das Werkzeug ist sozusagen ein "verlängerter Fühler" mittels dessen der Angler sich in eine ihm nicht zugängliche Welt vortastet. [...] Fast der gesamte Körper ist beim Angeln Träger des Empfindungsvorganges, besonders Finger, Hände, Arme aber auch der Oberkörper; die Beine verharren – die Muskeln sind entspannt – in einer Ruhestellung, um das Beissen der Fische wahrzunehmen. Die sensible Handhabung der Angel, die Anspannung der Nahsinne, die Konzentration auf die leichtesten Zuckungen, die sich über Haken, Schnur und Angel am Leib bemerkbar machen und schliesslich eine ganzkörperliche Reaktionsbereitschaft zwingen zur Entspanntheit des Körpers, zu einer ruhigen, ausgeglichenen Haltung.<

[...] Der Angler nimmt sinnlich nur wenige, aber in ihrer Bedeutung klare Impulse aus der Objektwelt wahr, auf die sich sein Interessen richtet; er kann in ihr ausser sich kaum etwas bewegen (bis auf das Grundblei auf dem Boden). Er kann sich auch nicht handelnd in die Welt unter Wasser hineinversetzen, seine Handlungsmöglichkeiten über Wasser sind beschränkt. Indem er, um erfolgreich Beute zu machen, fast unbeweglich und sinnlich empfangend verharrt und sich auf die Wahrnehmung des eigenen Leibes konzentriert, ist er in hohem Masse bei sich. Bis auf einen einzigen Sinnesreiz, den er sich herbeisehnt, bewegt ihn nur wenig Äusserliches innerlich.

aus: Mollenhauer, Klaus, Uhlendorff, Uwe: Sozialpädagogische Diagnosen : über Jugendliche in schwierigen Lebenslagen - Juventa, 1992, S. 117ff.