"Meine Eltern waren beide Pastoren. In der Advents- und Weihnachtszeit haben meine Schwester und ich unsere Eltern kaum zu Gesicht bekommen. Die Bescherung am Heiligen Abend fand zwischen zwei Gottesdiensten statt. Und wenn sie nicht noch ihre Predigt für den ersten Weihnachtstag machen mussten, dann klingelte bestimmt irgendein einsamer Mensch an der Tür, der dringend Hilfe oder Trost brauchte.

Ich erinnere mich noch an jenen Nachmittag im August, ich muss so vier oder fünf gewesen sein, meine Eltern hielten Mittagsschlaf mein kleiner Bruder glaube ich auch. Es war richtig schön ruhig im Haus. Mir war irgendwie weihnachtlich zu Mute. Ich ging in den Garten, holte Tannenzweige, in der Abstellkammer gab es noch rote Kerzen vom letzten Advent. Dann ging ich auf den Boden und holte ein paar Christbaumkugel.

Damit schmückte ich dann den Esstisch. Aber eins fehlte noch: mit klopfendem Herzen schlich ich in das Arbeitszimmer meines Vaters. Dort stand im Regal eine alte Spieluhrmit deren Melodie in unserer Familie die Bescherung begann. Uns Kindern war, unter Strafe, verboten sie anzurühren. Aber ohne Spieluhr war es halt nicht Weihnachten. Bei den ersten Tönen standen meine Eltern entgeistert in der Tür. Mein Vater lachte: "Eine gute Idee". So feierten wir in Ruhe und ungestört Weihnachten im August."

Birgit 32, Floristin